PRAG ZIEHT EISERNEN VORHANG WEG

DDR-Regierung gestattet ihren Bürgern die direkte Ausreise über die Grenze der Tschechoslowakei in die BRD

Prag. Am 3. November 1989 spitzte sich die Lage weiter zu. Der Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei Miloš Jakeš forderte von seinem DDR-Amtskollegen Egon Krenz eine sofortige Lösung für die immer größer werdende Anzahl an DDR-Flüchtlingen in der Prager Botschaft.  Rund 4.000 DDR-Bürger befanden sich auf dem Botschaftsgelände in Prag, weitere 8.000 waren auf dem Weg dorthin. Krenz, der selbst unter dem Druck von Massenprotesten in der DDR stand, sah sich zum Handeln gezwungen. In einer Sondersitzung des Politbüros beschloss die DDR-Führung, den DDR-Bürgern die direkte Ausreise in die Bundesrepublik über die Tschechoslowakei zu genehmigen. Noch am selben Abend reiste Armin Hiller, Stellvertreter des westdeutschen Botschafters, nach Prag, um die frohe Botschaft zu überbringen. Hoffnung und Erleichterung spiegelten sich in den Gesichtern der DDR-Flüchtlingen wider, als Hiller die bahnbrechende Nachricht vom Balkon verkündete. Was folgte, war ein ohrenbetäubender Jubel. Seit dem Abend des 3. November 1989 gibt es für Ostdeutsche faktisch keinen Eisernen Vorhang mehr. Wer die DDR verlassen möchte, steigt einfach in einen Zug. Ein gültiger Personalausweis genügt als Reisedokument.