Plauen. Am 16. Mai 1989 reichten sieben junge Bürger aus Plauen beim Rat der Stadt einen Einspruch gegen das offizielle Endergebnis der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung vom 7. Mai 1989 ein. Die Unterzeichner Wolfgang Helbig, Steffen Kollwitz, Uwe Jäkel, Klaus Hopf, Thomas Huscher, Peter Wündisch und Siegmar Wolf forderten in ihrem Schreiben klare Antworten zu drei Punkten: die Klärung der Vorgänge bezüglich der Sonderwahllokale, die Überprüfung der bei der öffentlichen Auszählung festgestellten Differenzen durch Einsichtnahme in die Wahlprotokolle sowie Maßnahmen zur Einhaltung des § 32 des Wahlgesetzes. Sie verlangten eine schriftliche Stellungnahme oder eine kollektive Aussprache und dokumentierten damit ihren Wunsch nach Transparenz und fairen Wahlen.
“Wir erwarten eindeutige Antworten zu folgenden Punkten:
1. Klärung der Vorgänge betreffs der
Sonderwahllokale
2. Überprüfung der bei der öffentlichen
Auszählung festgestellten Differenzen durch
Einsichtnahme in die Wahlprotokolle
3. Maßnahmen zur Einhaltung des §32 des
Wahlgesetzes
Wir bitten um schriftliche Stellungnahme an eine der nachstehenden Adressen bzw. um eine kollektive Aussprache.
Plauen, den 16.05.1989
Wolfgang Helbig, Steffen Kollwitz, Uwe Jäkel, Klaus Hopf, Thomas Huscher, Peter Wündisch, Siegmar Wolf”
"Wenn die Leute in der DDR das sehen, dann fangen die sofort an zu laufen", prophezeite Axel Hartmann, damals Mitarbeiter im Kanzleramt, seinem Chef Rudolf Seiters am Abend. Und er behielt Recht. Die Bilder vom Abbau der Grenze gingen um die Welt und lösten eine unaufhaltsame Welle der Flucht aus der DDR aus.Hunderte DDR-Flüchtlinge strömten täglich über Ungarn in die Aufnahmelager der Bundesrepublik.
Die SED-Führung in Ost-Berlin reagierte mit Schock und Hilflosigkeit. Politbüromitglied Günter Schabowski beschrieb die Situation später als "erschreckend".SED-Politbüromitglied Günter Mittag beschuldigte die ungarische Regierung des "Verrats am Sozialismus". Außenminister Oskar Fischer flehte die Sowjetunion an, Druck auf Ungarn auszuüben, um die Grenzöffnung zu stoppen. Doch der sowjetische Präsident Michail Gorbatschow lehnte dies ab. Er erklärt, dass es keinen Druck der Mehrheit auf einzelne Staaten mehr geben solle.
Obwohl die Demonstranten in Plauen zunächst friedlich auseinandergingen, kam es in den späten Abendstunden des 07. Oktober 1989 zu willkürlichen Verhaftungen. Die Einsatzkräfte der Volkspolizei und des Staatssicherheitsdienstes durchkämmten die Plauener Innenstadt und nahmen zahlreiche Menschen fest, die sich verdächtig verhielten oder an der Demonstration beteiligt gewesen sein sollen. Die Verhaftungen erfolgten willkürlich und unter Anwendung von Gewalt. Festgenommene wurden geschlagen, getreten und mit Beleidigungen beschimpft.