DIE MAUER IST OFFEN

Eine Kommunikations-panne verändert die Welt

Berlin. In einer bizarren Wendung der Ereignisse löste Günter Schabowski, der damalige Sprecher des SED-Politbüros, am Abend des 9. Novembers 1989 mit einem folgenschweren Versprecher eine Kettenreaktion aus, die zu einer Veränderung der Welt führen sollte.

In einer mit Spannung erwarteten Pressekonferenz im SED-Pressezentrum stand Schabowski vor einem Saal voller Journalisten, die auf Nachrichten über Lockerungen der Reisebestimmungen für DDR-Bürger warteten. Mit ernster Miene verlas er zunächst vom Blatt die neuen Regelungen, die komplex und voller bürokratischer Hürden waren. Enttäuschung und Unmut machten sich im Raum breit. Doch dann, wie aus heiterem Himmel, geschah es: Schabowski griff nach einem handgeschriebenen Zettel, offenbar schlecht vorbereitet, und verkündete mit zittriger Stimme: "... gilt... ab sofort... unverzüglich!".

Verwirrung und Fassungslosigkeit herrschten im Saal. Journalisten bombardierten Schabowski mit Fragen. War dies ein Versprecher? Ein Missverständnis? Oder tatsächlich der Beginn einer neuen Ära? Schabowski selbst schien überrumpelt von seinen eigenen Worten. Er stammelte und stotterte, versuchte zu erklären, was er eigentlich sagen wollte. Doch der Bann war gebrochen. Die Nachricht von der Reisefreiheit verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der ganzen Stadt.

An den Grenzübergängen sammelten sich tausende Menschen. Mit ungläubigen Blicken und voller Hoffnung warteten sie auf die Öffnung der Tore. Kurz nach Mitternacht geschah es dann: Die Mauer fiel.